Wohnungsbaukonferenz: Bestand weiterdenken – Potenziale erkennen, Wohnraum schaffen, Lebensqualität sichern

Die Konferenz bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu hören.

Auf der Hessischen Wohnungsbaukonferenz, die im Rahmen des „Bündnis für Wohnen in Hessen“ stattfand, trafen sich Teilnehmende aus Verwaltung, Wohnungsbauunternehmen und Planung.

© Hessen Agentur / Laura Guthier

von links: Moderator Prof. Tim Rieniets (Institut für Entwerfen und Städtebau, Leibniz Universität Hannover), Annik Englert und Karina Weber (ReFacto – Immobilien neu denken, Würzburg), Rechtsanwalt Dr. Thomas Schröer (FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main) und Prof. Stefan Rettich (Fachgebiet Städtebau, Universität Kassel)

Auf der Hessischen Wohnungsbaukonferenz, die im Rahmen des „Bündnis für Wohnen in Hessen“ am 27. August 2025 in Hattersheim stattfand, trafen sich rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Kommunen, Wohnungsbauunternehmen und Planungsbüros in der denkmalgeschützten und kürzlich sanierten Stadthalle aus den späten 1960er Jahren mit vielen originalgetreuen Details.

Die Konferenz bot Gelegenheit, Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu hören. Zudem präsentierten renommierte Architekturbüros aus Kassel, Frankfurt und Berlin innovative Konzepte für die Transformation des Bestands.

Nach einer allgemeinen Einführung zur Lage am Wohnungsmarkt durch Dr. Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V. waren beispielhafte Projekte und Strategien, die dazu beitragen, im Bestand neue Vorhaben anzuregen und zusätzlichen Wohnraum bereitzustellen, Schwerpunkte der Konferenz.

„Wenn wir den Wohnraummangel ernsthaft angehen wollen, müssen wir den Bestand weiter in den Fokus rücken, dazu gehört auch eine intensive Beschäftigung mit der Wiederverwendung von Materialien“, betonte Dr. Michael Bruder, Abteilungsleiter im hessischen Wirtschaftsministerium. „Gerade in Zeiten hoher Baukosten und knapper Flächen ist der intelligente Umgang mit dem Bestand ein Schlüssel zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Durch kluge Umnutzung, Aufstockung oder Nachverdichtung können zusätzliche Wohnungen entstehen – ressourcenschonend, sozial integriert und mit deutlich geringerem Flächenverbrauch als bei Neubauten. “

Die Praxisbeispiele befassten sich mit der Weiterentwicklung obsolet werdender oder bereits leerstehender Typologien sowie mit der Umnutzung von Gebäuden. Thema waren ferner die Ergänzung bestehender Wohnsiedlungen und neue Quartiere im Stadt- oder Ortskern sowie Projekte gemeinwohlorientierter Akteure. Thematisiert wurden auch nachhaltige und einfache Bauweisen, der Einsatz von Holz, Lehm und recycelten Materialien im mehrgeschossigen Wohnungsbau.

So bieten sich Wohnsiedlungen der 1950er und 1960er Jahre mit bereits vorhandener Infrastruktur zur Nachverdichtung an, zeichnen sich aber gleichzeitig auch durch ihre aufgelockerte Bauweise und ihre wertvollen Grünflächen und Baumbestände aus. Thomas Steininger von der gewobau Rüsselsheim verdeutlichte in seinem Beitrag, wie es am Hessenring in Rüsselsheim gelang, diese Qualitäten trotz zusätzlicher Wohneinheiten zu erhalten, indem die Bestandsbauten in Holzbauweise aufgestockt wurden und die ergänzenden Neubauten den Baumbestand respektierten.

Mit Neubauten zur Nachverdichtung von bestehenden Wohnsiedlungen beschäftigten sich auch die Beiträge von Benedikt Pienkoß von ZRS Architekten aus Berlin und von Michael Rosenberg-Pohl, Vorstand der Stuttgarter Baugenossenschaft Münster am Neckar. Aber auch aus der Nutzung gefallene große Klinikliegenschaften mit in Teilen erhaltenswerter Bausubstanz – eine Folge von Strukturreformen im Gesundheitsbereich – können eine Zukunft als nachhaltiges und lebenswertes Quartier haben, wie Markus Staedt über das Areal in Homberg (Efze) berichtete.

Hinzu kommen Raumpotenziale in den Städten, beispielsweise aus den Bereichen Handel, Arbeit, Mobilität, Religion, die erst in Zukunft für neue Nutzungen bereitstehen werden und – auch für Wohnen – neu gedacht werden müssen. Obsolete Raumpotenziale und ihre Wiedernutzung waren das Thema von Prof. Stefan Rettich, der an der Universität Kassel lehrt.

In drei Foren am Nachmittag konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Kenntnisse über geeignete Strategien und Instrumente zur Bestandsentwicklung, die Kooperation mit gemeinwohlorientierten Akteuren sowie einfache und nachhaltige Bauweisen einschließlich der Wiedernutzung von Baumaterialien vertiefen.

Auf dem ersten Forum „Entwicklung von Quartieren - Neue Partner für Kommunen“ stellte Vorstand Ralf Weidner von der DGD-Lebenspark-Dachgenossenschaft e. G. genossenschaftliches Wohnen in Liegenschaften der Diakonie vor. Stadtbaurat Daniel Schreiner aus Fulda erläuterte die Entwicklungsziele, die mit dem städtebaulichen Ideenwettbewerb und der anschließenden Konzeptvergabe für das neue Wohnquartier „Waidesgrund“ verbunden sind. Hierzu gehört u. a. die Kooperation mit gemeinwohlorientierten Wohnungsbauakteuren.

„Raumpotenziale sichern und umnutzen“ lautete das Motto des zweiten Forums. Hier befassten sich Prof. Stefan Rettich von der Universität Kassel, Rechtsanwalt Dr. Thomas Schröer von der FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG (Frankfurt am Main) sowie Karina Weber und Annik Englert von ReFacto - Immobilien neu denken (Würzburg) damit, welche rechtlichen Konzepte und Instrumente den Kommunen für die Sicherung und Transformation von Flächenpotenzialen zur Verfügung stehen können.

Im Fokus des dritten Forums stand das Thema „Einfach Bauen, Standards, Re-use und Recycling“, also die Aspekte des einfachen Bauens und des Bauens mit gebrauchten Materialien bzw. aus nachwachsenden Rohstoffen. Hier berichtete Matthias Foitzik von foundation5+ architekten BDA (Kassel) über das Kasseler „Suffizienzhaus U 10“ und Benedikt Pienkoß von ZRS Architekten (Berlin) erläuterte „LowTech – typologische Ansätze und Materialeinsatz“.

Die interdisziplinäre Expertise machte die Konferenz zu einem echten Forum für den Austausch von innovativen Lösungen und Best Practices.

Im Anschluss daran bestand die Möglichkeit zur Besichtigung des o.g. Projekts „Hessenring“ in Rüsselsheim am Main.

Weitere Informationen, wie eine Zusammenfassung der Veranstaltung und die Präsentationen der Vorträge, finden Sie in Kürze hier: www.wohnungsbau.hessen.de

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